Nach dem Kontrollpunkt von Chigualen, in den 
		kalten Höhen von La Libertad, kann man einen kurvenreichen Weg 
		beobachten, der über den Berghang nach oben führt, bis er sich völlig 
		zwischen den Bergen verliert. Hier beginnt der lange und beschwerliche 
		Weg durch eindrucksvolle Landschaften, von den kalten und kargen 
		Gebirgshöhen bis zum Nebelurwald mit seiner dichten Vegetation. «Das ist 
		der einzige Zugang zum Abiseo», erklärt uns Rogelio Cueva, Bewohner der 
		Dorfes Los Alisos in der Nähe des Parkes und einer der erfahrensten
 
		Führer der Gegend.
Der in San Martin gelegene und im Jahre 1983 anerkannte Nationalpark mit einer Fläche von 274520 ha ist der Lebensraum zahlreicher verschiedener Tierarten wie des Andenkondors, der Taruga, des Brillenbärs und einer großen Vielfalt von Fischen, Amphibien und Reptilen. Auch wird diese Zone als eine der letzten Zufluchtsstätten des Gelbschwanzaffens (Lagothrix flavicauda), der grösste endemische Affe, der in Peru beheimatet ist, angesehen. Dieser wurde ausführlich von der anerkannten Biologin Mariela Leo studiert, die während vieler Jahre im Nationalpark unterwegs war, um die Stellen mit der grössten Anzahl endemischer Fauna zu identifizieren, diese zu beobachten und Schutz- und Zufluchtsstätten vorzuschlagen.
Der eindrucksvolle Nebelwald zwischen 1700 und 3000 Metern Höhe, den wir vor uns beobachten, birgt auch nach dem tropischen Regenwald die grösste Pflanzenvielfalt. Hier können wir viele Arten von Baumfarnen, Orchideen, Bromelien, Moose und spezielle Pflanzen des hochgelegenen Urwaldes finden. Bis jetzt wurden 261 Gattungen, 105 Familien und 1000 Pflanzenarten identifiziert, von denen für die Wissenschaft 13 neu sind.
		Von der Cueva Negra benannten Stelle 
		beginnen wir einen langen Weg durch Moose und Lianendickicht, Lianen, 
		die sich ungehemmt an Bäumen emporranken und dichte Vegetation gleich 
		tiefgreifender Wurzeln. Es ist auch möglich auf Strukturen von Wohn- und 
		zeremoniellen Gebäuden zu stoßen, die auf alte Städte hinweisen, 
		zerstört vom Laufe der Zeit und heimlichen Plünderern und Forschern 
		vergangener Zeiten. In Abiseo gibt es etwa 36 bis jetzt bekannte
		
archäologische Stellen, von denen sich 29 in der hochgelegene Grassteppe 
		befinden und 7 im benachbarten Urwald. Es ist aber möglich, dass es in 
		den Quellgebieten der Flüsse Abiseo und Tumac in San Martin weitere 
		archäologische Reste von gleicher Bedeutung gibt.
		
		Nach einer Stunde Fußmarsch stoßen wir auf 
		einen gewaltigen Felsen, der sich inmitten der Bäume und dem dichten, 
		feuchten Pflanzenwuchs erhebt. Der Zugangsweg ist durch den Regen des 
		Vortages, der den Boden sehr glitschig machte, sehr beschwerlich, doch 
		können wir Pinchudos endlich nach einem mühvollen Aufstieg erreichen. Es 
		gibt einen Raum mit Mauern aus Steinen und Lehm, bemalt in den Farben 
		Ocker, Gelb und Schwarz. Einige kleine Holzidole mit
 überdimensionierten 
		Genitalien hängen an den Balken der Mausoleen. «Wahrscheinlich sind das 
		die einzigen Idole aus der Zeit vor den Inkas, die sich noch unversehrt 
		an ihrem Platz befinden» erklärt uns Cueva, während er gefährlich am 
		Rande des Felsens umhergeht. Diese Stelle wurde im Jahre 1972 
		zufälligerweise von Tomas Torrealva aus Pataz entdeckt und Jahre später 
		von dem peruanischen Archäologen Federico Kauffman Doig erforscht. Vom 
		höchsten Punkt des Pinchudos aus kann man den ausgedehnten Amazonas-Urwaldes 
		überblicken, der sich in hohen Erhebungen verliert. Zu erkennen sind 
		noch andere archäologische Stellen wie Cerro Central und Papayas, die am 
		Pfad zum Gran Pajaten, dem wichtigsten bis jetzt entdeckten 
		archäologioschen Ort, liegen.
In Gran Pajaten finden wir Moose zwischen den Steinen und um die schmückenden Kõpfe in den Mauern, die sich stolz in das üppige und feuchte Pflanzenmeer einschmeicheln. Einige archäologische Forschungen, insbesondere die der Universität Colorado, datieren die menschliche Präsenz in dieser Gegend in der vorinkaischen Zeit zwischen 1000 und 700 vor Christus. Die gefundenen archäologischen Reste bezeugen, dass sich die vormaligen Bewohner mit einer recht gut entwickelten Technik der Landwirtschaft widmeten. Die schwierige Bodenbeschaffenheit und konstante Erdbewegungen machen eine leichte Nutzung unmöglich. Der komplizierte Zugang zum Abiseo ist einer der wichtigsten Faktoren die erlaubten, dass die archäologischen Reste des Gran Pajaten bis zum Jahre 1963, in dem sie enteckt wurden, intakt blieben. Es wird geschätzt, dass sich der archäologische Komplex auf etwa 4 ha ausbreitet. Drei mit anthropomorphen Figuren verzierte Rundgebäude stechen heraus sowie Freitreppen, die zu gepflasterten Plätzen führen..
		José Cabanillas Núñez
        Übersetzung: Erwin Dopf
Fotos: Carlos González
		